Die Leser gewinnen Einblicke, die so vertraut wie fremd erscheinen: Einsichten in eine Welt der pulsierenden Informationen, der ätherischen Gefühle und leuchtenden Energiebahnen.
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Leseprobe:
Das Leben hatte gewonnen: Ich würde mich umbringen. Hinter geschlossenen Augen starrte ich auf die Unzahl meiner psy-chischen Geschwüre, diese dunklen Narben der Seele. Seit der Kindheit hielt mich die Depression umklammert wie eine Krake. Eine Umarmung, die mir die Luft zum Atmen nahm und jede Hoffnung, eines Tages frei zu sein, mir selbst zu gehören. Mein höchstes Glück war, wenn der Griff der Krake sich ein wenig lockerte. Wie oft hatte ich mich den Fesseln dieses schwarzen Tieres zu entwinden versucht, worauf der Druck seiner Umar-mung nur an Stärke gewann. Meine Trauer ließ keinen Zweifel daran, wer wem gehörte und wer die Macht über wen besaß.Niemand sollte über Depressionen urteilen, der sie nicht am eigenen Leib erfahren hat. Dieses Gefühl, die Seele würde ertrin-ken, das schlagende Herz erwürgt. Die Lieblosigkeit der Welt kriecht in den Geist wie ein Gift. Aber es betäubt dich nicht, obwohl du müde, untätig und fahrig wirst, stolperst oder dich schneidest. Nein, dieses Gift klärt deinen Kopf gleichsam auf und macht ihn glasklar wie eine Lupe, die selbst die kleinste Laus, die über deine Leber läuft, wie ein groteskes Monster erscheinen lässt. Alles um dich herum wird dunkel, die Farben werden grau und die Stimmen und Töne verrauschen wie in einem Tunnel. Allein der Schmerz ragt aus dieser uferlosen Leere hervor, aus der es kein Entkommen und Emporklettern gibt. Überall um mich herum waren Verzweiflung, Ausbeutung, Tod. Wann würde das aufhören? Wieso war das Leben so qualvoll? Und wie lange wür-den seine Mühsale noch dauern?
Wir arbeiten, nur um zu sehen, wie alles zusammenbricht. Wir lieben, nur um zu spüren, wie die Liebe wieder vergeht. Wir fin-den und verlieren, wieder und wieder und wieder. Wir hoffen und erkennen, dass selbst die Hoffnung letzten Endes stirbt … Alles vergeht. Warum nicht auch das Leid?Es gab keine Hoffnung mehr, die mir etwas bedeutete. Wo selbst Buddha und Jesus verkappte Selbstmörder waren, strebte die halbe Welt goldbeklebten Selbstmördern nach.Frauen, Partys, Geld – ich hatte alles ausprobiert und nichts hatte mich dauerhaft glücklich gemacht. Es überdeckte bloß den hohlen Schmerz, der tief in meinem Innersten pochte. Für mich waren die Menschen Ertrinkende in einem Ozean der Sterne, um jeden Preis darauf bedacht, als Letzte unterzugehen. Aber warum sich wehren? Warum nicht aufgeben und sich sinken lassen in dieses unergründliche Nichts, wo es ohnehin unser Schicksal ist?Ich würde in ein Kloster eintreten und dreißig Jahre meditie-ren müssen, wollte ich all diese zerrenden und zehrenden Emp-findungen abschütteln. Und danach wäre ich wahrscheinlich leer, ausgeblasen vom Wind der Erkenntnis. Nein, da brachte ich mich lieber um. Das schien mir die sicherste Lösung. Der Tod würde mich von der lästigen Pflicht entbinden, irgendwas zu tun oder erreichen zu müssen. Ich war es so satt, mich für mein Wohl zu quälen. Jesus konnte mir den Buckel runterrutschen und Buddha meinen Hintern küssen.
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